Die Geschichte des Schöneberger Südgeländes und der Kolonie Lindenhain

Das Schöneberger Südgelände ist mit 745.000 m² und beinahe 2700 Parzellen eine der größten zusammenhängenden Kleingartenanlagen Europas. Die Geschichte der Kleingärten beginnt hier bereits um 1900. Rund um den Priesterweg, der seit dem 17 Jahrhundert die Dorfkirche in Schöneberg mit ihrer damaligen Filialkirche in Lankwitz verbindet, siedelten sich erste Gärtnerinnen und Gärtner an. Der Friedhof Priesterweg wurde auf dem Südgelände von der St.-Matthäus-Gemeinde im Tiergarten, dort wo heute das Kulturforum ist, bereits 1895 angelegt. Er sollte als Ergänzung zum Alten St. Matthäus-Kirchhof auf der Roten Insel dienen, wurde aber von den wohlhabenden Gemeindemitgliedern nicht angenommen und nach dem 1. Weltkrieg an die Stadt Berlin verkauft.

Gruppe von Menschen, einer hält ein Banner

Auf dem Banner wird das Gründungsjahr von Lindenhain mit 1913 angegeben. Fahnenträger: Hermann Rademacher

Das Kleingartenwesen ist eng mit den sozialen Problemen und Wohnverhältnissen in der rasant wachsenden Großstadt Berlin und ihrem Umfeld verknüpft. Auch die Stadt Schöneberg, damals noch nicht Teil von Berlin, brauchte Wohnungen, die auf dem Südgelände gebaut werden sollten. Die Bauordnung von 1897 sah eine dichte Bebauung mit vierstöckigen Häusern vor. Die Felder dort lagen deshalb brach. So konnten die ersten Kleingärtner die Flächen nutzen. Sie begannen Kartoffeln und Gemüse gegen den Hunger der Bevölkerung anzubauen. Bauspekulanten hatten die Felder erworben und verpachteten das Bauerwartungsland teuer. Bäume und Sträucher wurden noch nicht gepflanzt, da jederzeit mit einer Räumung gerechnet werden musste. Bald schlossen sich die Kleingärtner in wilden Kolonien zusammen.

Auf dem Gelände errichteten sie provisorische Hütten und Nutzgärten. Erste feste Kolonien wurden gegründet, wie Grüne Aue (1907), Glück im Winkel (1909) oder Heiterkeit (1913). Der Kleingartenverein Lindenhain entstand 1914 noch vor dem Ersten Weltkrieg. So steht es auf dem Banner der Kolonie. Es gibt allerdings auch ein Foto des Banners, auf dem das Jahr 1913 als Gründungsjahr steht. Da es keine Dokumente zur Gründung von Lindenhain gibt und irgendwann um 1951 das Banner mit der Jahreszahl 1914 genutzt wurde, gilt das als Gründungsdatum.

Während der Hungersnot im Ersten Weltkrieg zeigte sich die Bedeutung der Kleingärten. Menschen in der Großstadt mussten besonders unter dem Mangel an lebenswichtigen Gütern leiden. Die Gärten und ihre Früchte halfen Vielen zu überleben. Das führte nach dem Krieg zur gesetzlichen Stärkung des Kleingartenwesens. Die größten Probleme für die Kleingärtner wurden von der Stadt Schöneberg angepackt mit Pachtpreisschutz, Kündigungsschutz und der Verhinderung von Spekulation mit Gartengelände.

Weimarer Republik

1920 wurde Schöneberg in das neu geschaffene Groß-Berlin eingegliedert. Das neue Bezirksamt verpachtete die begehrten Parzellen direkt an einzelne Bewerberinnen und Bewerber. Es half auch mit einem Fond, um in den Kleingartenanlagen Zäune und Brunnen, Spielplätze und Vereinsheime zu bauen. Im selben Jahr wurde auch der Bezirksverband der Kleingärtner Schöneberg und Friedenau gegründet.

Tanzende

Fest Burenland 1919

Kubstradfahrer auf Tanzbühne

Burenland 1919

Aber bald schon war der Bestand der Kleingärten bedroht. Ein neuer Bebauungsplan hatte bereits 1918 auf dem Südgelände eine Wohnsiedlung mit 15 Tausend Wohnungen vorgesehen, die amerikanische Investoren errichten wollten. 1927 gab es dazu einen Architekturwettbewerb für Wohnungsbau. Die Weltwirtschaftskrise verhinderte jedoch die Realisierung. Im Zusammenhang mit diesen Planungen wurde 1928 der Bahnhof Priesterweg gebaut. Zu der Zeit konnte die Stadt auch das Südgelände erwerben.

Lindenhain hatte noch nicht die heutige Größe. Zur Kolonie gehörte nur das Gelände südlich des Matthäifriedhofs. Das zeigt ein Übersichtplan der Kleingärten auf dem Südgelände von 1926. Die Parzellen um den heutigen Hans-Dannert-Weg gehörten zu den Kolonien Kaninchenfarm und Einigkeit.

Übersichtsplan der Kleingärten

Familie mit 8 Personen in einem Garten

Erdmann und Agnes Hepprich (mitte) mit Familie in Lindenhain, links ihr Sohn Paul Hepprich, 1921

Damals gab es auch Dauerbewohner in Lindenhain: Agnes und Erdmann Hepprich wohnten fest in der Kolonie, Erdmann Hepprich bis zu seinem Tod 1924, seine Frau bis 1929. Auf der „Roten Insel“, nördlich des Gartengeländes, hatten sie eine Gastwirtschaft. Erdmann Hepprich ist im Adressbuch von 1905 als Gastwirt in der Brunhildstraße verzeichnet, es gibt ein Foto, auf dem ein Restaurant seiner Frau Agnes in der Sedanstraße (heute Leberstraße) zu sehen ist.

Restaurant mit Menschen davor

Restaurant von Agnes Hepprich in der Sedanstr. 38 (heute Leberstr.), 1902

 

Nationalsozialismus

Mit der Machtübergabe an die Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 begann die Zerschlagung der Arbeiterbewegung. Für die Kleingärtner, viele von ihnen Arbeiterinnen und Arbeiter, war das ein brutaler Umbruch. Die demokratischen Strukturen des Schöneberger Verbandes wurden beseitigt. Die gewählten Vorstände wurden abgeschafft und stattdessen Vereinsführer und Blockwarte eingesetzt.

Mann mit weißer Mütze, Zigarre und Blume

Paul Hepprich, Sohn von Erdmann und Agnes Hepprich, 1959

Immer wieder kam es zu schweren Übergriffen. Am Rande des Südgeländes in der Rubensstraße überfielen Anfang Februar 1933 sechzehn schwerbewaffnete SA-Männer die Pappschachtel, ein Arbeiterlokal der KPD, und erschossen die 61-jährige Wirtin. Im März wurde ein kommunistischer Arbeiter von der SA aus seiner Wohnung in der Nollendorfstraße geholt. Später fand man seine Leiche völlig entstellt auf dem Laubengelände am Priesterweg. Im April 1933 durchkämmte die SA in einer groß angelegten Razzia die Kleingärten im Südgelände. Ziel waren vor allem Aktivisten des Widerstands von der Roten Insel, die sich in Lauben vor dem Rachefeldzug der SA versteckten. Dabei wurde auch Paul Hepprich, der Sohn von Erdmann und Agnes Hepprich, zu der Zeit Vorsitzender des Schöneberger Verbandes der Kleingärtner, vorübergehend festgenommen. Er war Gemeindearbeiter, engagierter Gewerkschafter, Betriebsratsvorsitzender, für die SPD Stadtverordneter in Schöneberg und für die SA ein Feind. Paul Hepprich lebte auf der Roten Insel in der Sedanstr, 69 (das ist die heutige Leberstraße 33), im dem Haus wohnte zur gleichen Zeit auch Hildegard Knef, damals noch ein kleines Mädchen. Später wohnte er in der Ebersstraße. Er hatte einen Garten in der Kolonie Burenland. Dort gab es auch eine „Kantine Hepprich“, die wohl von seinen Eltern oder von ihm betrieben wurde.

Auch Georg Wendt war ein Schöneberger Sozialdemokrat, der einen Garten im Südgelände hatte. Bis 1933 war er Kreisleiter der SPD Schöneberg-Friedenau und Reichstagsabgeordneter. Nach dem Verbot der SPD wurde er im Juni 33 verhaftet und bis Ende des Jahres im Konzentrationslager Brandenburg interniert. Wie später der ehemalige Reichstagsabgeordnete Julius Leber wurde auch Wendt Kohlenhändler. Er und seine Familie litten immer wieder unter den Schikanen der Nationalsozialisten. So wurde ihnen im März 1934 Laube und Garten in der Kolonie Deutschland gekündigt wegen des Fehlens der „richtigen Gesinnung und Führung“. Die Kolonie Deutschland gibt es heute nicht mehr, sie lag westlich des Priesterwegs.

Die größenwahnsinnigen Planungen für den Umbau der Reichshauptstadt Berlin in die „Welthauptstadt Germania“ durch den Generalbauinspektor Speer beinhaltete als zentrale Maßnahme den Bau der Nord-Südachse. Südlich davon war ein zentraler Güterbahnhof und ein Großberliner Zentral- und Postbahnhof vorgesehen. Die sogenannte Südstadt mit über 200 Tausend Wohnungen war noch weiter südlich des Bahnhofes bis zum Autobahnring geplant. Für diese Vorhaben wurde zwischen 1935 und 1938 das gesamte Südgelände geräumt. Bäume und Sträucher wurden vernichtet, alle Lauben abgerissen. Damit war das letztes Rückzugsgebiet der bis 1933 auf der «Roten Insel» heimischen Arbeiterkultur beseitigt, das den Nazis ohnehin ein Dorn im Auge war. Auf einem Teil des Geländes am Grazer Damm wurde in den Jahren 1938-1940 als eines der wenigen realisierten Bauprojekte der Speerschen Stadtplanung lediglich eine Siedlung mit mehr als 2 Tausend Einfachstwohnungen errichtet. Damit waren sie das größte Wohnungsbauprojekt der NS-Zeit. Diese „Volkswohnungen“, ohne Warmwasser, ohne Zentralheizung und ohne Balkon, fielen weit hinter den Standard der Siedlungen der Weimarer Republik zurück. Die neu entstandenen Straßen Grazer Damm und Vorarlberger Damm erhielten ihre Namen im Zusammenhang mit der Annexion Österreichs 1938.

Abbruch von Gebäuden im Südgelände

Räumung des Südgeländes 1938. Quelle: Museen Tempelhof-Schöneberg/Archiv. Inv. Südg 3a | Sig. L-Ss 360

Kleines, altes Gebäude mit 3 Personen im Eingang und Tischen und Stühlen davor

Kantine Burenland (Kantine Hepprich), 1912 o. 1913

3 Männer stehen vor Trümmern eines Gebäudes

Die Kantine Burenland nach der Räumung des Südgeländes, 1938.

Zweiter Weltkrieg

Der Zweite Weltkrieg verhinderte die weitere Realisierung der Speerschen Planungen. Auf dem verwüsteten Gelände mussten stattdessen Zwangsarbeiter Bunker, Flak- und Scheinwerferstellungen oder auch Splitterschutzgräben bauen. Mit dem ersten Luftangriff auf Berlin am 7. September 1941 kam das Grauen des Todes von der Front auch in das Hinterland. Auf dem Südgelände entstanden mehrere Zwangsarbeiterlager. Schon im ersten Weltkrieg hatte es hier ein Kriegsgefangenenlager gegeben. Eines der neuen Zwangsarbeiterlager betrieb die Reichsbahn. Es lag westlich vom Priesterweg, etwa auf dem Gebiet der heutigen Kolonie Alte Ziegenweide. Die Insassen, darunter „Ostarbeiter“ aus der Sowjetunion, Franzosen und Niederländer, mussten Schwerstarbeit für das Eisenbahnausbesserungswerk leisten. Etwa 320 Personen lebten im Lager, als es bei einem Luftangriff im August 1943 vollständig zerstört wurde. Ein weiteres, größeres Zwangsarbeiterlager lag nördlich davon, in etwa auf dem heutigen Gebiet der Kolonien Sonnenbad und Grüne Aue. Es war ein sogenanntes GBI-Lager, also ein Lager des „Generalbauinspektors für die Reichshauptstadt“ Speer, der die „Welthauptstadt Germania“ genauso wie Barackenlager für Zwangsarbeiter plante. Errichtet wurde es im März 1943 für 2050 Personen. Einzelne Firmen konnten aus dem Lager Zwangsarbeiter abholen.

Zu diesen Firmen gehörte auch die Kohlenhandlung von Julius Leber in der Torgauer Straße auf der roten Insel. Leber, früher sozialdemokratischer Reichstagsabgeordneter in Lübeck, war dort nach langer Haft in mehreren Konzentrationslagern der Nationalsozialisten Teilhaber geworden. Die Kohlenhandlung war ein Treffpunkt des Widerstandes gegen den Nationalsozialismus. Lebers Tochter Katharina Christiansen berichtet, dass er als Kleinunternehmer eines kriegswichtigen Betriebes Zwangsarbeiter aus dem Lager im Südgelände holte und sie sogar mittags zum Essen mit nach Hause nach Zehlendorf nahm.

Schwerste Bombenangriffe hinterließen ein völlig verwüstetes Südgelände mit Bombenkratern, Schutt und Trümmern. Dazwischen wucherten Unkraut, Brennnesseln und unzählige Goldruten. Aber schon während des Krieges entstanden hier auch wieder Kleingärten.

 

Neubeginn nach 1945

Das brachliegende Gelände wurde nach dem Krieg schnell wieder zugänglich gemacht. In der Ernährungskrise der Nachkriegsjahre bekamen die Gärten für die Familien erneut große Bedeutung. Zunächst musste das Terrain vom Trümmern und Schutt befreit werden. Die Suche nach Blindgängern, Sprengstoff und Munition lief bis 1984. Nach Aussagen des Senats wurden 1180 kg geborgen, darunter Granaten, Brandbomben und Phosphorkanister.

Weg mit Kleingärten

Nach dem Krieg, 1949

Kleingärten mit Ruinen im Hintergrund

Kolonie Burenland 1949

Das Gelände wurde neu parzelliert. Lindenhain erstreckt sich seither auf der gesamten Fläche, die wir heute kennen. Die ersten Pächter, vorwiegend Frauen mit Kindern, machten ihre Gärten wieder urbar. Erste Lauben wurden aus Resten von zerstörten Häusern oder von Trümmern, die am Insulaner aufgeschüttet worden waren, gebaut. Zäune wurden improvisiert und Nachts wurde in den ersten Nachkriegsjahren zur Erntezeit Wache gehalten. „Dauerwohnen“ in den Lauben wurde geduldet.

Männer vor Gärten

Lindenhain 1950. Paul Hepprich 2. von Links

Festumzug

Festumzug Lindenhain 1951 mit Gasometer im Hintergrund

Paul Hepprich, der schon von 1928 bis 1933 Vorsitzender des Bezirksverbandes der Kleingärtner in Schöneberg gewesen war, erhielt von der amerikanischen Militärregierung die Genehmigung, diesen wieder aufzubauen. So wurde er erster Verbandsvorsitzender in der Nachkriegszeit. Die Gärten sollten anfangs vorrangig an Opfer des Faschismus und kinderreiche Familien verpachtet werden.

In den Gärten wurden in erster Linie Nutzpflanzen wie Kartoffeln, Kohl, Kürbisse, Möhren, Bohnen, Erbsen, Tomaten oder Gurken angebaut. Auch Obstbäume und Beerenbüsche wurden wieder gepflanzt. Für die Versorgung der Familien war das bis in die 1950er Jahre unverzichtbar. Anfangs gab es nur wenige Brunnen, so dass die Bewässerung der Beete mühevoll war. Aber schon bald sorgte der Bezirksverband für eine geregelte Wasserbelieferung. Allerdings war auch danach die Wasserknappheit noch ein großes Problem. Da die Rohre keine ausreichende Kapazität hatten und deshalb zu wenig Wasser kam, ließen manche Kleingärtner einfach nachts die Wasserhähne offen, um ihre Garten zu bewässern. Das wurde immer wieder bei Vereinsversammlungen harsch kritisiert. Und es führte zu dem Beschluss, Wasseruhren für die einzelnen Gärten anzuschaffen, zunächst freiwillig, ab 1989 verpflichtend. 2008/2009 wurden dann im Hans-Dannert-Weg und im Dahlienweg neue Wasserleitungen gelegt. Im nächsten Winter auch im Nelkenweg und Rosensteg.

Früh begann auch wieder ein reges Vereinsleben mit Festen und Umzügen in der Kolonie. Damals gab es auch gemeinsame Feste aller Kolonien des Südgeländes im Priesterweg. Einen gemeinsamen Festplatz mit Festsaal, den der Bezirksverband der Kleingärtner für das Südgelände ins Gespräch brachte, lehnten die Lindenhainer bei einer Vereinsversammlung ab und das Vorhaben wurde aufgegeben.

 

Neue Gefährdungen des Südgeländes

Bebauungsplan 1953. Oben links Matthäifriedhof. Auf dem Gelände von Lindenhain ist der geplante Betriebsbahnhof

Oben links Matthäifriedhof. Auf dem Gelände von Lindenhain ist der geplante Betriebsbahnhof. Bebauungsplan 1953.

Aber das Südgelände ist ein Filetstück in begehrter Lage. Die Kleingärten waren bald wieder bedroht, Engagement und Gegenwehr der Parzelleninhaber weiter notwendig. 1953/54 sollte das gesamte Gelände für eine Wohnbebauung geräumt werden. Heftiger Widerstand der Kleingärtnerinnen und Kleingärtner mit einer Kundgebung von mehreren Tausenden vor dem Schöneberger Sportpalast in der Pallasstraße trug zum Scheitern dieser Planungen bei. Doch immer wieder gingen auch Kleingärten verloren wie beim Bau der Autobahn und des Autobahnkreuzes am Sachsendamm.

Am Rande des Gartengeländes, dort wo heute der Hans-Balluschek-Park ist, war zwischen Gärten und den S-Bahngleisen ein riesiges Kohlenlager. Nach der Blockade von Berlin 1948/49 veranlassten die Alliierten die Bevorratung von Grundnahrungmitteln, wichtigen Bedarfsgütern und auch Kohle, die „Senatsreserve“ für den Fall einer zweiten Blockade West-Berlins. Im April 1960 brach ein Brandt auf Höhe der Kolonie Lindenhain in dem Braunkohlelager aus, der erst nach sieben Tagen endgültig gelöscht werden konnte. Laut dem Protokoll einer Abgeordnetenhaus-Sitzung „wurden auch erhebliche Schäden in Kleingärten der Kolonie ‚Lindenhain‘ verursacht. Auch wurden Bienenvölker vernichtet und in Kleinviehbeständen weitere Schäden verursacht. Allein durch Wasserschäden wurden Pflanzenkulturen vernichtet, die nicht so schnell wieder aufzuzüchten sind.“  Für nachgewiesene Schäden wurden die Kleingärtner entschädigt.

Die Planungen für einen Güterbahnhof betrafen Lindenhain wieder direkt. Ab 1980 durften viele Gärten, vor allem im Rosensteg und Teile des heutigen Hans-Dannert-Wegs, nicht mehr regulär verpachtet werden, da auf dem Gelände eine Lagerhalle für den Bahnhof gebaut werden sollte. Die Gärten wurden an sogenannte „Pfleger“ vergeben, denen problemlos und schnell gekündigt werden konnte.

Plakat “Nein zur Zerstörung des Südgeländes”, um 1980

Plan für eine Halle auf Gelände von Lindenhain

Planungen für den Bahnhof auf dem Gelände von Lindenhain, 1983

Demonstration. 4 Personen mit einem Banner

Gartendemo 1987 mit Lindenhain-Banner. Von links: Heinz-Gerd, Manfred, Hans, Ulrike

Das betraf viele Gärten. 1983 gab es 98 Gärten mit Unterpächtern und 58 Gärten mit Pflegern.Bei Vereinsversammlungen kam es zu Protesten der Pfleger, da sie nicht mit abstimmen durften, aber beschlossene Kosten mit tragen mussten. Ein Streitpunkt war die Bezahlung der damals noch üblichen Austriebsspritzung für Obstbäume.

Kleingärtner, Anwohner und die Schutzgemeinschaft Südgelände konnten die Räumung von 700 Parzellen für den Bau des Güterbahnhofes verhindern. Der Verein Lindenhain hatte bereits 1984 ein Protestschreiben dazu an den Senator für Wirtschaft geschickt. Im September 1987 demonstrierten Tausende vor dem Schöneberger Rathaus gegen den Flächennutzungsplan des Senats. „Der Platz war voll mit Laubenpiepern“, erzählt Brigitte Hepprich, die wie viele Lindenhainerinnen und Lindenhainer dabei war. Aufgrund der massiven Proteste und einer veränderten politischen Lage nach 1989 wurden die Planungen aufgegeben. Die Pfleger erhielten für ihre Gärten jetzt reguläre Unterpachtverträge. In dem Zusammenhang konnte auch der Natur-Park Südgelände geschaffen werden. Ein einzigartiges Biotop auf dem Gelände des ehemaligen Rangierbahnhofs Tempelhof.

Menschen in Lindenhain

Alte Frau steht vor einem Baum, im Hintergrund eine rote Laube

Eva vor ihrem Apfelbaum, 2021. Foto: Lydia Bruhns

Schon als junges Mädchen war Eva Z. in ihrem Garten im Rosensteg. Ihre Mutter hatte 1944 die Erlaubnis erhalten, ein Stück Land auf dem verwilderten Südgelände abzustecken, um dort einen Garten anzulegen. Mühsam musste sie erst einmal eine Schlackeschicht aus Verbrennungsrückstände der Dampflokomotiven entfernen. Eva war damals nicht in Berlin, sie war im Rahmen der Kinderlandverschickung aus dem vom Luftkrieg bedrohten Berlin nach Böhmen, im heutigen Tschechien, gebracht worden.  Zu Fuß schlug sie sich die damals 13-Jährige am Kriegsende bis Bayern durch. Bei Straubing musste sie ein Jahr auf einem Bauernhof arbeiten bevor sie endlich zu ihrer Familie zurück konnte.

Ihre Mutter erzählte ihr, dass ein russsicher Panzer auf dem Weg zur Flakstellung der Wehrmacht im Zentrum des Südgeländes über ihren ersten Spinat gefahren sei. Ärgerlich, da das Saatgut damals knapp war. Kartoffeln wurden deshalb vor dem Pflanzen durchgeschnitten. Zuckerrüben gab es, aus denen gekocht ein süßer Brotaufstrich hergestellt wurde. Den gab es nur Sonntags. Und ihr Vater baute in einer Ecke des Gartens wertvollen Tabak an. Jeder Fleck im Garten war bepflanzt und Wasser musste in Kanistern vom Friedhof nebenan her geschleppt werden. Zur Erntezeit bewachte die Familie abwechselnd mit ihren Nachbarn nachts die Gärten. Die Gärten waren damals oft doppelt so groß wie heute. Später wurden die Grundstücke halbiert, um mehr Menschen die Chance auf einen Garten zu geben.

Eva erinnert sich an die Rosinenbomber, die während der Berlin-Blockade 1948/49 im Minutentakt über die Gärten zum Flughafen Tempelhof flogen. Später war es dann der Linienverkehr bis zur Schließung des Flughafens 2008.

Besonders am Herzen liegt Eva ihr alter Apfelbaum. Ein amerikanischen Soldat hatte kurz nach Kriegsende ihrem kleinen Bruder  einen Apfel geschenkt. Die Kerne pflanzte ihre Mutter in einen Blumentopf und es gelang ihr daraus den Baum groß zu ziehen.

Evas Garten liegt am Rosensteg und gehörte damit zu den Gärten, die im Rahmen der Güterbahnhofplanungen in den 1980er Jahren geräumt werden sollten. Sie erzählte, dass viele Kleingärtner deshalb einen frei werdenden Garten in einem anderen Bereich des Südgeländes erhielten, ihren alten Garten aber weiter pflegen mussten. Da das für die Meisten zu aufwändig war, wurden diese Gärten dann an “Pfleger” verpachtet. Eva blieb aber in ihrem Garten und als sich die Planungen für den Bahnhof zerschlugen bekam sie wieder einen regulären Unterpachtvertrag.

2022 hat Eva ihren Garten aufgeben. Vorher erzählte sie ihrere Nachbarin Lydia in einem Interview ausführlich über ihre Zeit in Lindenhain und sagte darin: “Der Garten ist immer für eine Überraschung gut. Er ist mein Leben.”

Hans Hepprich, der Neffe von Paul Hepprich, und seine Frau Brigitte bearbeiten ihren Garten in Lindenhain seit mehr als 50 Jahren. Hans Hepprichs Großeltern waren es, die bereits in den 1920er Jahren fest in Lindenhain wohnten. Auch seine Eltern hatten einen Garten, allerdings in der Kolonie Burenland.

Zwei Holzgebäude, eines im Rohbau

Alte (links) und neue Laube von Brigitte und Hans Hepprich 1972

Frau beim Plattenlegen im Garten

Brigitte Hepprich packt es an. 1972

Kind schiebt Handrasenmäher

Auch der Sohn von Hepprichs half mit

Mann und Frau mit Rasenmäher und Gärtnerhut vor der Laube

Hans und Brigitte Hepprich, 2013

Swingband vor einer Laube

Swingband in Lindenhain. Links am Schlagzeug Hans Hepprich

Familie Hepprich hatte wegen der kleinen Kinder einen Garten gesucht. Schon damals gab es eine Warteliste beim Bezirksverband. Dann bekamen sie den Garten im Dahlienweg. Eine kleine Hütte, die auf ihrer Parzelle stand, riss Familie Hepprich 1969 ab. Sie kauften einem Autohändler eine Holzhütte ab, die dieser am Kleistpark als Verkaufsbüro nutzte, zerlegten sie und transportierten die Teile mit Hilfe von Freunden in den Dahlienweg. Dort bauten sie sie wieder auf. Da damals eine Laube nur 18 qm groß sein durfte, mussten sie das Gebäude aber erst mal um 2 qm verkleinern.

Natürlich wurde und wird im Garten auch gefeiert. Sogar mit einer Band, bei der Hans Hepprich das Schlagzeug spielt. Und nie haben sich Nachbarn darüber beschwert.

Zwei Kleingärtner vor einer Laub

Heinz-Gerd (rechts) und Manfred vor Heinz-Gerds Laube, 2023

Alle in Lindenhain kennen Heinz-Gerd. Immer hilfsbereit und guter Laune ist er oft mit seinem Dreirad in der Kolonie unterwegs und erinnert sich an die Namen von allen, die er jemals getroffen hat. Er war erst 23 Jahre, als er vor 48 Jahren seinen Garten bekam. 1975 war das und Hans Dannert war zu der Zeit Vorsitzender des Kleingartenvereins. Nach Hans-Dannerts plötzlichem Tod 1983 beschlossen die Lindenhainer den damaligen Margaritenweg in Hans-Dannert-Weg umzubenennen.

Heinz-Gerd erzählt, dass früher ein Bäcker aus der Gotenstraße mit seinem Transporter in die Kolonie kam und Kuchen verkaufte. Die Laube in seinem Garten hat er übernommen. Sie ist wohl Anfang der 1950er Jahre gebaut worden. In seiner Zeit in Lindenhain hat er sich immer engagiert: Er war Schriftführer, Wegewart oder schrieb Geburtstags- und Jubiläumskarten. Und bei Vereinsfesten hat Heinz-Gerd mit seinem Fahrradanhänger Kinder der Kleingärtner durch die Kolonie gefahren. Mit Stolz berichtet er von seinem alten Pflaumenbaum: 144 kg Pflaumen konnte er in einem Jahr ernten.

Der Kleingartenverein Lindenhain

Als Verein existiert die Kolonie Lindenhain schon seit 1914. Aber erst seit 1987 ist sie ein eingetragener Verein, nachdem 1986 eine neue Satzung erstellt wurde.

Leider ist von den Vorsitzenden aus der Kaiserzeit, Weimarer Republik und der Zeit direkt nach dem Zweiten Weltkrieg nur einer bekannt: Max Glutsch war um 1930 Vorsitzender. Der Sanitärfachmann und Heizungsbauer lebte damals in der Gustav-Freytag-Straße.

Hanns Dannert ist der erste bekannte Vorsitzende der Nachkriegszeit. Er war bis zu seinem plötzlichen Tod 1983 im Ehrenamt.

Die Vorsitzenden nach ihm:

1983                   Kurt Soller

1983 bis 1989    Reiner Kaulbars

1989 bis 1998    Ernst-Peter Franke

1998 bis 2018   Thomas Oehmichen

2018 bis 2020   Yvonne Lewanscheck

Seit 2022           Rainer Hoppe

Lindenhain war lange kein eingetragener Verein. Deshalb entwarf der Vorstand 1986 eine neue Satzung. Die Mitgliederversammlung am 16. Januar 1987 wählte einen neuen Vorstand – als Vorsitzender wurde Rainer Kaulbars wieder gewählt – und beschloss auch die neue Satzung. Sie trat aber erst 1988 mit Änderungen in Kraft. Seither gibt es den KLEINGARTENVEREIN LINDENHAIN E.V.

Vieles wurde und wird in Lindenhain in gemeinschaftlicher Arbeit geleistet. 1986 wurden die Wege gemeinsam mit Hochofenschlacke befestigt, 1998 wurden sie dann erneuert. Beim Verlegen der Stromkabel im Spätsommer 2000 in der gesamten Kolonie legten Frauen und Männer mit Hand an.

Männer graben einen Kanal für Stromkabel

Verlegen der Stromkabel, 2000

Frauen mit Spaten

Beim Zuschütten der Kabelschächte

 

Auch beim Bau des Vereinshauses halfen die Kleingärtnerinnen und Kleingärtner mit. Die Gemeinschaftsparzelle gibt es bereits seit 1987. Im Jahr 2000 wurde die Laube darauf gemeinsam abgerissen. Ein Rest des alten Gebäudes ist aber noch erhalten. Manfred, der frühere Wasserwart von Lindenhain, war an dessen Umbau in das jetzige Toilettenhaus beteiligt. Das Vereinshaus wurde dann neu dazu gebaut.

Männer reisen Dach der Laube ab

Abriss der alten Laube auf der Vereinsparzelle, 2000

Rest einer Laube mit arbeitenden Männern daneben

Nur ein Rest der alten Laube bleibt und wird zum Toilettenhaus

Rohbau des Vereinshauses

Das neue Vereinshaus wird gebaut, 2001

Lastwagen auf engem Kolonieweg

Lastwagen im Hans-Dannert-Weg, 2001

Männer arbeite auf dem Dach des Vereinshauses

Das Dach wird begrünt, 2001

Der Neubau des Vereinshauses, neue Wasserleitungen und das Verlegen der Stromkabel wurden in der Zeit realisiert, als Thomas Oehmichen Vorsitzender in Lindenhain war. Über 20 Jahre – von 1998 bis 2018 – war er im Amt.

 

Thomas Oehmichen bei einem Fest in Lindenhain

Einladung zur 100-Jahr-Feier von Lindenhain ins Hotel Steglitz International

Vereinshaus mit Ausstellung zur 100-Jahr-Feier

Ausstellung am Vereinshaus zur 100-Jahr-Feier

2014 feierte Lindenhain das 100-jährige Jubiläum mit einer Ausstellung im neuen Vereinshaus und mit einem Fest im Ballsaal des Hotels Steglitz International.

Verbrannte Lauben

Brandanschlag im Dahlienweg 2018

Feste gab und gibt es viele in Lindenhain. Aber leider gibt es auch häufig Einbrüche in Lauben, besonders im Winter. Nicht selten suchen die Täter vor allem nach Alkohol, vor einigen Jahren wurden systematisch alle Wasserhähne in den Gärten abmontiert. Es gibt auch Einbruchserien bei denen eher professionelle Täter Schubkarren, Leitern, Elektrogeräte, oder Werkzeuge, stehlen. Gelegentlich sind die Einbrüche mit Vandalismus verbunden.

Zwei Gartenhäuser im Dahlienweg wurden 2018 Opfer eines Brandanschlages, und die Besitzer mussten die Überreste mühevoll entsorgen und die Lauben neu aufbauen.

Blaue Laube

Ehemalige Laube von Hans Dannert, 2023

Viele der alten Lauben in der Kolonie wurden inzwischen durch Fertighäuser oder Baumarkthütten ersetzt. Es gibt aber noch schöne selbstgebaute Häuschen in der Kolonie, die sehr individuell erstellt und häufig auch mit Anbauten versehen wurden.  Die alte Laube des früheren Vorsitzenden Hans Dannert steht bis heute in der Parzelle 134.

Grabstein Hans Dannert

Grabstein von Hans Dannert. Direkt dahinter sein Garten, 2023

Hans Dannert war mit knapp 80 Jahren noch Vorsitzender von Lindenhain, als er unerwartet starb. Die Lindenhainer benannten als Erinnerung an ihn 1983 den Margaritenweg in Hans-Dannert-Weg um. Sein letzte Ruhestätte fand er auf dem Friedhof Priesterweg. Sein Grab liegt noch heute direkt vor seinem Garten.

Laube mit spitzen Dach, davor eine Frau

Eine der ältesten Lauben in Lindenhain, davor Bettina, 2023

Und im Rosensteg gibt es in benachbarten Gärten zwei Lauben, die wohl aus der Zeit der Neugründung von Lindenhain nach dem zweiten Weltkrieg stammen. Bettina und Jörg, die einen dieser Gärten haben, sind sich sehr bewusst, welches Kleinod darin steht. Renovierungsarbeiten ihrer Laube gehen sie behutsam an und versuchen, ihr kleines „Denkmal“ möglichst original zu erhalten.

Lothar fütter seine Hühner

Lothar mit seinen Hühnern, die irgendwann vom Fuchs geholt wurden

Im Herbst 2022 wurde in einer Gemeinschaftsaktion ein Apfelbaum auf der Vereinsparzelle gepflanzt. Er erinnert an Lothar, der im Jahr zuvor in seiner Laube gestorben ist. Er hatte bereits in dem Häuschen gelebt, als seine Eltern noch den Garten hatten. Später konnte er die Parzelle übernehmen.

Gartentür von Lothar mit Blumen und Karten

Lothars Gartentor nach seinem Tod, 2022

 

Die meisten Menschen in Lindenhain kannten ihn und erinnern sich, wie er fröhlich grüßte, wenn man ihm begegnete. Nach seinem Tod sammelten Manuela, Mechthild und Myriel Spenden in Lindenhain und kauften damit den Baum.

 

Wandel in den Kleingärten

Die Funktion der Kleingärten hat sich im Laufe der Zeit gewandelt. Direkt nach dem Zweiten Weltkrieg halfen die Kleingärten das Überleben zu sichern, auch danach stand der wirtschaftliche Nutzen mit Obst- und Gemüseanbau im Vordergrund. In den 1960er und70er Jahren bekam die Freizeit- und Erholungsnutzung ein größeres Gewicht. Aus den Nutzgärten wurden verstärkt Ziergärten. Und heute vollzieht sich wieder ein Wandel. Ökologische aber auch soziale Belange treten in den Vordergrund. Das Gärtnern wird wieder wichtiger, biologischer Anbau, der Nutzen von Wildpflanzen für Wildbienen, Insekten und Vögel gewinnen an Bedeutung. Und auch auf den Klimawandel müssen sich die Kleingärtner einstellen: mit der Auswahl von Pflanzen nach Hitze- und Trockenheitstoleranz, dem Schutz der Böden durch Mulchen oder Gründüngung und vor allem mit bedarfsgerechten und sparsamen Bewässern.

 

 

Mann und Frau im Garten vor einem Teich

Maya und Golo vor ihrem neuen Teich, 2023

Auch Maya und Golo ist natürliches Gärtnern wichtig. Sie nutzen Pferdemist und Brennesseljauche zum Düngen und bauen viel Gemüse an. Auberginen, Tomaten, Chilis, Kürbisse und vieles mehr ziehen sie zu Hause unter einer Pflanzenlampe vor. Sie haben mehrere Hochbeete, Kartoffeln bauen sie in Eimern an, da die Böden in Teilen der Kolonie durch Schadstoffe belastet sind. Maya kennt das Gartenleben seit sie sechs Jahre alt ist. Für Golo ist es ganz neu, aber er merkt, dass ihm der Garten gut tut. Und das hat Folgen. Er, der sich in der Schule nie für Biologie interessierte, studiert inzwischen Gartenbauwissenschaft.

Plakat mit Ankündigung der offenen Gärten 2023Während der Corona-Pandemie hat sich gezeigt, welches Privileg es ist, ein Stück Natur in so zentraler und begehrter Lage zu haben. Unter dem Druck der Wohnungsnot müssen die Kleingartenvereine beweisen, dass sie mehr sind als ein Teil der grünen Infrastruktur. Sie müssen sich zunehmend für die Bevölkerung öffnen. Anwohner und Besucher sollen hier Erholungsmöglichkeiten finden und sich über offene Gärten freuen statt nur auf hohe Hecken zu blicken. Da ist Lindenhain auf einem guten Weg. Seit Jahren beteiligen sich Kleingärtnerinnen und Kleingärtner hier am Tag der offenen Gärten und heißen Besucher im eigenen Garten willkommen.

Garten mit Bienenkästen

Imkergarten von Gerd im Hans-Dannert-Weg

Mann vor Bienenstöcken

Taha vor seinen Bienenstöcken im Nelkenweg

In Lindenhain gibt es zwei Imker, man kann hier selbst gemachten Honig kaufen. Taha ist einer dieser Imker. Nachdem er einen Kurs bei einem Bio-Imker in Kreuzberg besucht hatte, fing er mit mit eigenen Bienenstöcken im Garten an. Bienen gehören zu den besten Bestäubern im Insektenreich, darum sind seine Bienen für alle Gärten rundum nützlich. Taha legt Wert auf nachhaltiges Imkern. Das Wohl seiner Bienen ist ihm wichtiger als der maximaleHonigertrag.

Die Bienen sollen mit ihrem eigenen Honig überwintern können. Deshalb erntet er nur überschüssigen Honig und fütter keinen Zucker zu. Mit dem eigenen Honig bleiben die Bienen gesund. Wenn Taha von seinen Bienen erzählt, spürt man seine Begeisterung. Er lernt ständig Neues über die Bienen und freut sich, dass das Thema unerschöpflich ist.

Überall in den Gärten sieht man Wildbienenhotels und Vogelkästen. An manchen Zäunen oder Gartetoren hängen Körbe, in denen Obst oder Gemüse für Spaziergänger deponiert wird. Feste werden natürlich weiterhin gefeiert, ob als Erntedankfest mit Tausch von Gartenprodukten oder als Saisonstart mit Samen- und Pflanzentausch. Lindenhain lebt auch vom Engagement von Ehrenamtlichen, die Verantwortung übernehmen. Es ist nicht immer leicht die Positionen im Vorstand zu besetzen.

Aber es gibt viele Aufgaben, die von Freiwilligen geleistet werden: Gartenfachberatung, Organisation von Festen oder vom Tag der offenen Gärten, die Koordination der Grubenleerung und vieles mehr. Und auch bei Gemeinschaftsarbeiten wie der Pflege der Vereinsparzelle oder Laubfegen im Priesterweg bringen sich Gärtnerinnen und Gärtner ein. Das Zusammenleben ist wie einem Dorf, in dem sich alle Schichten der Bevölkerung treffen. Urberliner und Zugewanderte, Jung und Alt. Das ist nicht immer konfliktfrei aber oft überraschend offen. Das Zusammenleben in der Kolonie wird bunter und vielfältiger.

 

Recherche und Text: Egon Zweigart
Kleingartenverein Lindenhain e.V., Berlin im Juni 2023

Quellen und Literatur

Fotos:
  • Falls nicht gesondert benannt, stammen die schwarz-weiß-Fotos aus dem Album von Paul Hepprich. Herzlichen Dank an Brigitte und Hans Hepprich, die mir den Zugang ermöglicht haben, mir viel erzählen konnten und auch eigene Fotos beisteuerten.
  • Fotos zum Bau des Vereinshauses stammen aus dem Album des Vereins.
  • Karten des Kleingartengeländes sind mit Zustimmung des Fachbereichs Vermessung und Geoinformation in Schöneberg gedruckt – Danke für die Erlaubnis.
  • Alle anderen Fotos: Egon Zweigart

Herzlichen Dank, an Alle aus Lindenhain, die mir von ihrer Kleingartengeschichte erzählt haben. Und besonderen Dank an Heinz-Gerd, der Kontakte vermittelte und mir mit seinem umfassenden Wissen über Lindenhain half.

Weitere Quellen:
  • Unterlagen des Kleingartenvereins Lindenhain e.V. (danke an Jörg)
  • Archiv zur Geschichte von Tempelhof und Schöneberg
  • Bauarchiv im Stadtentwicklungsamt Schöneberg
  • 90 Jahre Bezirksverband der Kleingärtner Schöneberg-Friedenau e.V. 1920 – 2010. Hrsg. Bezirksverband der Kleingärtner Schöneberg-Friedenau e.V. 2010 – https://bdk-schoeneberg.de/chronik/
  • Leben in Schöneberg / Friedenau 1933-1945. Gisela Wenzel u.a.. Hrsg. Bezirksamt Schöneberg von Berlin. 2. überarb. und erw. Ausgabe 1987
  • Die Rote Insel. Hrsg. Berliner Geschichtswerkstatt e.V. Erw. Neuauflage. Berlin 2008
  • Heinrich-Wilhelm Wörmann: Widerstand in Schöneberg und Tempelhof. Bd. 13 der Reihe Widerstand in Berlin. Gedenkstätte Deutscher Widerstand. 2002
  • Stenographische Berichte des Abgeordnetenhauses, 1960. III. Wahlperiode, Band II, 27.-51. Sitzung S. 224